Lernverhalten von Hunden


Wer auf dieser Seite den methodischen Aufbau zur Ausbildung von Hunden sucht, wird sich enttäuscht sehen. Wie Hunde auszubilden sind, damit sie für den jeweiligen Hundeführer/-Führerin eine bestimmte Leistung erbringen können, können wir nur im direkten Umgang mit dem Hundehalter und seinem Hund im Team vermitteln.
Der Weg ist das Ziel


Bevor wir uns mit der Konditionierung von Hunden beschäftigen können, müssen wir uns vergegenwärtigen, wie Hunde "lernen". Nur wenn wir sie artgerecht ansprechen, können wir ihnen unseren Willen vermitteln.

Können Hunde denken? Was ist "Denken" überhaupt? Rein mechanisch wird ein Reiz aufgenommen, zum Gehirn geleitet und dort in irgendeiner Form so aufgeschlüsselt, daß eine Handlung oder ein Unterlassen entsteht. In diesem Sinne denken Hunde sicherlich. Gemeinhin verstehen wir allerdings unter dem Begriff des "Denkens etwas anderes (lt. Meyers Lexikon):

"Denken", die den Menschen auszeichnende psychische Fähigkeit bzw. Tätigkeit, sich mit der Menge der aus Wahrnehmungen gewonnenen oder mittels Sprache vermittelten Informationen über Wirklichkeiten (Realitäten) auseinanderzusetzen, sie unter bestimmten Gesichtspunkten und zu bestimmten Zwecken zu unterscheiden, sie miteinander und mit [in vorausgegangenen Denk- und Lernprozessen verarbeiteten und im Gedächtnis gespeicherten] Informationen zu vergleichen, zu werten und zu ordnen, um durch weitere Denkoperationen das jeweils Wesentliche, Allgemeingültige, Zusammenhängende und Gesetzmäßige auszusondern. ©Meyers Lexikonverlag

Dazu sind Hunde unstreitig nicht in der Lage, wenngleich sie als intelligente Lebewesen gelten und lernfähig sind.

Der Hund lernt jedoch
durch Gewöhnung an absichtlich gesetzte Sinnesreize auf gedächtnismäßiger Grundlage.


Die Gewöhnung wird durch eine ständige Wiederholung der erwünschten oder angestrebten Verhaltensweise erzielt. Daß das nur über ein Ansprechen der Sinnesreize möglich ist, liegt auf der Hand.
Hunde nehmen optische oder / und akustische Reize auf. Sie sind nicht in der Lage, Wörter zu verstehen, sondern sie richten sich nach dem Klangbild, mit dem sie etwas verbinden. Was mit dem jeweiligen Klangbild verbunden wird, hängt wiederum von den Erfahrungen ab, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Laut standen. In der Lernpsychologie nennt man diesen Vorgang das
"Klassische Konditionieren".
Versuche des Physiologen Pawlow umschreiben diese Art von Verknüpfungsfähigkeit bei Hunden. Zeigt man ihnen eine Wurst, führt das unweigerlich zu Speichelfluß, weil sie mit dem optischen oder olfaktorischen Reiz Fressen verknüpfen. Der Vorgang läßt sich erweitern, so daß die Hunde bereits reagieren, wenn der Mensch nur zum Kühlschrank geht. Eine weitere Form des Lernens ist die
"Bedingte Appetenz".
Appetenzverhalten ist folgendes:
In der Verhaltensphysiologie bez. für eine Verhaltensweise, die eine Situation erzeugt, die zu einer triebbefriedigenden Endhandlung führt; z.B. das Umherschweifen hungriger Tiere, bevor sie Beute jagen. (lt. Meyers Lexikon):

Hunde sind in der Lage, Handlungen zu lernen, die zur Antriebsbefriedigung führen, auch dann, wenn sie sachliche Gegebenheiten ändern.
Beispiel:
Hunde lernen, durch eine bestimmte Öffnung zu gehen, um Futter zu bekommen. Wird diese Öffnung nach einiger Zeit am selben Ort verlegt, wählen sie die neue Öffnung, um ihr Triebziel zu erreichen.

Lernen von "Bedingter Aktion"
Auch hier geht es um die Triebbefriedigung des Hundes. Der Hund hat gelernt, eine Handlung zu vollziehen, um zum Triebziel zu kommen. Dabei agiert er selber und nutzt nicht nur örtliche Gegebenheiten.
Beispiel:
Der Hund wird durch gezielten Leinenzug und Zeigen von Leckerchen in Verbindung mit einem Hörzeichen "Hier" dazu gebracht, vorzusitzen. Nach erfolgreicher Handlung wird er innerhalb von 2 Sekunden mit Futter belohnt. Nach kurzer Zeit wird sich der Hund auf das Hörzeichen "Hier"  direkt vor seinen Herrn/Frauchen setzen in der Erwartung, entsprechend belohnt zu werden.

Lernen von "Bedingter Aversion" (gelerntes Vermeiden)
Hier folgt auf einen Reiz hin eine negative Erfahrung. Der Hund unterläßt daraufhin eine an sich geplante Handlung.
Beispiel:
Futter liegt auf dem Tisch. Durch Hörzeichen und Einwirken wird verhindert, daß der Hund sich die Leckerbissen vom Tisch nimmt.

Lernen von "Bedingter Hemmung"
Im Gegensatz zur bedingten Aversion wird hier gezielt eine Handlung oder Aktion des Hundes mit "Strafe" unterlegt und damit unterbunden. Das Jagen eines Hundes verhindert man beispielsweise nicht dadurch, daß man ihn bestraft, wenn er kommt, sondern wenn er sich entfernt. Im anderen Fall würde man die Rückkehr mit Meiden unterlegen. Ein so konditionierter Hund wird künftig nur ungern zurückkommen und sich eher von seinem Herrn/Frauchen entfernen.

Lernen aus "Einsicht"
Hunde sind in der Lage, bestimmte Vehaltensweisen so zu übertragen, daß sie sich auch auf vorher nicht bekannte Gegebenheiten einstellen können. So suchen sie Öffnungen in Hindernissen auch dann, wenn sie die Örtlichkeit nicht kennen. Eine Höhere Form der Einsichtsfähigkeit haben sie allerdings nicht.

Erfassen von Stimmungsbildern
Hunde haben die Fähigkeit, menschliche Stimmungen zu erfassen und ihre Rückschlüsse daraus zu ziehen. Möglich wird das durch einen ähnlichen Aufbau des Stammhirns beider Lebewesen. (Dr. Raiser) So überträgt sich die Unruhe des Hundeführers auf seinen Hund genau wie die Angst und Hektik oder die Aggression. Hunde spüren auch Streßsituationen wie Prüfungen. Sie reagieren ebenso  auf die Geistesabwesenheit des Hundeführers und versuchen ihn, aus seiner Versunkenheit zurückzuholen. Die innere Verbundenheit geht sehr weit. So gibt es Beispiele dafür, daß Hunde sich auf plötzliche Behinderung des Hundeführers so umgestellt haben, daß sie vorher gezeigte Verhaltensweisen wie das Ziehen an der Leine oder das Raufen unterließen. In das Reich der Fabel gehören allerdings Berichte telepathischer Fähigkeiten von Hunden. Hier dürften Mißdeutungen hundlicher Fähigkeiten und mangelnde Beobachtungsgabe der Menschen vorliegen. In der Folge werden völlig natürliche Verhaltensweisen des Hundes plötzlich nicht erklärlich und übersinnlich Fähigkeiten zur Deutung herangezogen.

Unstreitig sind Hunde keine Moralisten. Werturteile im menschlichen Sinne gibt es für sie nicht. Gut und Böse ist ihnen fremd. Sie streben nach Triebbefriedigung und unterlassen etwas, was sie z.B. mit Schmerz verbinden. Andererseits reproduzieren sie Verhaltensweisen, die zum Triebziel führen. Menschliche Autorität wird von ihnen als biologisch sinnvoll anerkannt.

Im Zusammenhang mit dem Lernen der Hunde muß konstatiert werde, daß unsere Vierbeiner nicht nur durch uns konditioniert werden. Sie lernen viel durch Nachahmung von Artgenossen und sehen sich förmlich Verhaltensweisen ab. Diese Art der Selbstkonditionierung ist geprägt durch Erfahrung des Erfolgs oder Mißerfolgs.


Zusammenfassend bleibt festzustellen:
Hunde denken im menschlichen Sinne nicht, sondern verknüpfen Erfahrungen mit eigenen Verhaltensweisen. Das kann dazu führen, daß sie durch die eigene Aktion eine vorher gelernte Reaktion einfordern. Das ist auch der eigentliche Grund für die Ausbildbarkeit unserer Hunde.

Was für Hunde zählt, ist die Triebbefriedigung. Sie suchen egoistisch ihr Ziel. Moral ist fremd. Mißverständnisse zwischen Hunden und Menschen beruhen auf dieser Tatsache und der Unfähigkeit vieler Hundehalter, sich innerlich im Umgang mit dem Hund auf dessen Stufe zu stellen.
Und noch etwas muß in diesem Zusammenhang betont werden:
Die Lernfähigkeit von Hunden beschränkt sich auf unterstützende Erfahrungen im Zeitrahmen von zwei Sekunden. Das zu spät erteilte Lob verpufft und verstärkt eine Handlung nicht. Die Strafe, die nicht auf dem Fuße folgt, wird nicht verknüpft. Sie führt zwar zu einem allgemeinen Meiden, nicht aber zum gezielten Lernerfolg.

Hunde sind Lebewesen mit der Betonung auf einem eigenen Wesen und Empfindungen, die eine enge Bindung an das Rudel erfordern. Reine Mechanik zwischen Strafe und Lob führt zu einer Dressur und nicht zur Ausbildung. Letztere bedingt die enge Beziehung zum Hundefüherer/-führerin, die negative Erfahrung ohne Neurose überstehen hilft und die Leistung im letzten Drittel freisetzt, die ansonsten verborgen bliebe.


     

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